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>>Feierstunde im Deutschen Bundestag zur ersten freien Volkskammerwahl in der DDR 1990

1990 - Die Revolution entließ ihre Kinder...

Kommentar


Eine kritische Hinterfragung der Ereignisse im Kontext der Wiedervereinigung ist bis heute nicht im Interesse einzelner Protagonisten von 1990. Und das scheint gute Gründe zu haben. So schreibt die "Berliner Zeitung" in dem Artikel:

"Bürgerrechtler als "Störfaktoren" - Vor 20 Jahren empfahl der BND, die Arbeit der Stasiaufklärer und Runden Tische zu beenden!"

Zitat:
"Am 2. April 1990 war der damalige Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes, Paul Münstermann, in das Kanzleramt bestellt worden, um die Einschätzung seiner Behörde zur weiteren politischen Entwicklung in der DDR nach den Volkskammerwahlen vom 18. März vorzutragen.
Laut dem jetzt erstmals aufgetauchten Vermerk über dieses Gespräch im Kanzleramt wurden die Bürgerkomitees und Runden Tische in der DDR dabei jedoch schlicht als "Störfaktoren" abgetan." 

Und weiter wird ausgeführt:
"Wenn die neue (DDR-) Regierung handlungsfähig bleiben will, muss sie unverzüglich die Aktivitäten dieser Gremien beenden", lautete die Empfehlung des Geheimdienstlers."

Die DDR-Bürgerrechtler hatten nun einen erschwerten Zugang zu den Stasiunterlagen, den sie jeweils beim Innenministerium beantragen mussten. Es stellt sich hier schon die Frage nach dem Verbleib mancher Unterlagen, wo es doch offensichtlich ein Interesse der beiden deutschen Staaten im Vorfeld der Wiedervereinigung gab, belastende Unterlagen der Öffentlichkeit vorzuenthalten.

Die Berliner Zeitung ergänzt:
"Dieser Allianz wurde mit der Beratung vom 2. April 1990 im Bundeskanzleramt der Boden bereitet. Denn die de-Maiziére-Regierung in Ost-Berlin folgte schon bald der Einschätzung des BND. Noch im April 1990 erklärte der neue Innenminister Peter-Michael Diestel (CDU) die Abwicklung des MfS zur Chefsache. Das bereits im Februar eingerichtete Staatliche Auflösungskomitee, in dem mehrere hundert Ex-Stasi-Offiziere mitarbeiteten, wurde ihm persönlich unterstellt..."

Die vielen Rätsel um verschwundene Stasiunterlagen, auch führender Politiker werden wohl weiter bestehen bleiben. So entließ die Friedliche Revolution ihre Kinder, die einstigen Interessen der Bürgerrechtler der DDR wurden dem Ziel einer schnellen Wiedervereinigung geopfert, belastendes Material zu Polikern aus Ost und West hätte das Konzept nur gestört. 

Am 12.03.2009 hatte laut Spiegel Online (bezugnehmend auf einen Artikel der "Mitteldeutschen Zeitung") die Zollverwaltung Dresden wegen der Auszahlung der Ministerente eine Erklärung von Lothar de Maizeire verlangt, das er in seiner Amtszeit nicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen hat. Spiegel Online schrieb:
"Der Rechtsanwalt und CDU-Politiker verweigert eine solche Erklärung mit der Begründung, er habe einen Amtseid geleistet. Außerdem sei es Sache der Zollverwaltung, ihm Verfehlungen nachzuweisen."

Eine Stellungnahme der Bundesfinanzdirektion, ob die Ministerrente nun bezahlt wird, erhielt ich auch nach wiederholter Anfrage nicht. Bei den vielen offenen Fragen wird auch im 20. Jahr der Wiedervereinigung das Echo der Menschen in unserem Land geteilt bleiben. Und das ist nur allzu verständlich.


Der weitere Verlauf // 14.05.2010

circulus vitiosus

(lat.: "schädlicher Kreis")

Auch das Bundesministerium der Finanzen war bezüglich der Auszahlung der Ministerrente zu keiner Stellungnahme bereit und berief sich dabei auf die Persönlichkeitsrechte. Es könnte schon der Eindruck entstehen, das man sich in der Sache nicht äußern will. Der Steuerzahler hat demgegenüber aber ein Recht zu wissen, wie Steuergelder verwendet werden und der Bürger hat das Recht zu wissen, ob gegebenenfalls Recht verletzt wird. 

Der weitere Verlauf // 01.06.2010

Der Autor des untenstehen Buches "Im Visier / Chronik einer Flucht" (W. Schreiber) hatte Erkenntnisse, die er in dem Buch dokumentiert hat u.a. auch den Fraktionen des Deutschen Bundestages, der Bundesregierung, dem Bundesrat und dem Bundestagspräsidenten zugeleitet. Nach der Rede von Lothar de Maiziere am 18.03.2010 im Deutschen Bundestag hatte Herr Schreiber um eine Stellungnahme durch den Bundestagspräsidenten gebeten. In einem ersten Schreiben an Hern W. Schreiber, verwies der Bundestagspräsident auf die großen Verdienste von Lothar de Maiziere im Prozess der Wiedervereinigung und wollte die Vorwürfe nicht kommentieren. Daraufhin hatte sich Herr Schreiber erneut an den Bundestagpräsidenten gewandt. In der folgenden Beantwortung heißt es:
"...Prof. Lammert hat Ihr Schreiben sowie die beigefügten Unterlagen mit großer Aufmerksamkeit gelesen und bedauert das Unrecht, das Ihnen in der DDR widerfahren ist. Nach seinem Eindruck belegen diese Dokumente einmal mehr, wie schwer es mit Blick auf die Diktatur in der ehemaligen DDR ist, Schuld und Verantwortung endgültig zweifelsfrei zu klären..."

Prof. Lammert stand mir bisher nicht für ein Hintergrundgespräch zur Verfügung.

>>Nachtrag // 05.08.2010

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Aussage des ehemaligen Innenministers der DDR, Peter-Michael Diestel, in der MOZ vom 05.08.2010 (ddp).

"So hätten MfS-Leute und Mitglieder westlicher Geheimdienste "maßgeblich den Ablauf der Aktion" bestimmt. Die Akten, die er selbst als Minister übernommen habe, seien "bereits gefleddert, geschreddert, den Medien zur Veröffentlichung zugespielt oder an wen auch immer verteilt" worden - vieles "mit Wissen und mit offizieller Billigung der Stasi-Kontrolleure vom Runden Tisch"."

Die Aussage von Peter-Michael-Diestel bestätigt damit die nachhaltige Vernichtung von Unterlagen des MfS durch Geheimdienste beider deutscher Staaten im Vorfeld der Wiedervereinigung. Auch nach 20 Jahren bleiben hier Fragen nach der Verantwortung dafür ungeklärt und eine Aufklärung vieler Verbrechen der ehemaligen DDR wird erschwert oder gar unmöglich gemacht. Auch das Zusammenwirken politischer Kreise der DDR und der Bundesrepublik sowie der Geheimdienste lässt viele Fragen offen. Und so sonnen sich Politiker in der Gewissheit, das die Aktenlage Sie derzeit eher nicht belasten kann.  


[...zurück]

Siehe auch:

"Im Visier / Chronik einer Flucht"

Willy H. Schreiber / Buchvorstellung / TvR Medienverlag



 

 

 

Feierstunde am 18.03.2010 im Deutschen Bundestag
zur ersten freien Wahl in der DDR am 18.03.1990.
Rede von Lothar de Maiziere / Quelle: Parlamentsfernsehen

 

 

Martin Sachse 4.2010 / Impressum

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